A.D. 798 - 1998 ::: Das 1200-Jahre-Jubiläum
die Seiten 10 und 11 der Festschrift
Deshalb haben wir Grund zum Feiern...
Die Urkunde ist die erste sicher datierbare Erwähnung der Örtlichkeit "Buchen" im Urkundenbuch des Klosters Lorsch. Das 764 gegründete Kloster an der Bergstraße erhielt in den ersten Jahren seines Bestehens tausende von ähnlichen Zuwendungen, die uns nicht im Original, sondern in einer zwischen 1170 und 1195 entstandenen Abschrift, einem sogenannten Urkundenbuch, überliefert sind. Zusammen mit der Chronik der Abtei bildet dieses, heute in München aufbewahrte Kopialbuch einen stattlichen Pergamentband, den berühmten Codex Laureshamensis, in dem sehr viele unserer Gemeinden ihre erste Erwähnung und damit den Anlaß für herausragende Jubiläumsfeierlichkeiten fanden.
Die Urkunde datiert ins 30. Jahr der von 768 - 814 dauernden Regierungszeit Karls des Großen, also den 1. Juni 798. Bemerkenswert an dieser Urkunde ist ihr nach fränkischem Recht vorgenommener Vertragsschluß: stipu(la)t(ione)subnixa. Actum in ..., Grundstücksgeschäfte teilten sich im frühen Mittelalter in die obligatorische Verpflichtung (Gedinge) oder Auflassung (stipulatio). Nach fränkischem Recht wurde der feierliche Vertragsschluß durch die symbolische Übergabe eines Strohhalmes -stipula - besiegelt, während z. B. in anderen Regionen der Handschlag als Bestätigung (z.B. im sächsischen Reichsteil) üblich war. Eine Geste, die noch heute in weiten Teilen unseres Landes üblich und auch rechtsverbindlich ist.
Übertragung des Wortlautes der lat. geschriebenen Urkunde mit dem Randvermerk "Richbodoabbas" und "Karol´us rex" (nach H. Reimer, Hanauer Urkundenbuch Bd. 1, Nr.14):
"Ego in dei nomine Liubertus pro remedio anime mee dono ad s. Nazarium martirem, qui requiescit in corpore in monasterio Laurissamensi, ubi venerabilis Richbodo abbas preesse videtur, donatumque in perpetuum esse volo et promptissima voluntate confirmo in pago Wetdereiba in villa Stiorstat XX iurnales de terra aratoria et in bucha marca I mansum perpetualiter ad possidendum stipulatione subnixa. Actum in monasterio Laurishamensi, sub die kal. lunii, anno XXX Karoli regis."
Übersetzung nach K.-J. Minst, Lorscher Kodex Bd. V, S. 56 Urk.-Nr. 3013:
"In Gottes Namen will ich, Liubert, zu meinem Seelenheil ein Almosen spenden. Ich wende es dem heiligen Märtyrer N(azarius) zu, dessen Leib im Lorscher Kloster ruht, das unter der Aufsicht des ehrwürdigen Abtes Richbodo steht. Es ist mein Wille, daß meine Gabe für ewige Zeiten dargereicht sei, und ich bestätige, daß sie durchaus freiwillig geboten wurde. Ich schenke im Gau Wetdereiba, im Dorf Stiorstat zwanzig Joch Ackerland und in der Gemarkung Bucha eine Hofreite. Möge beides Eigentum auf ewige Zeiten sein. Das Abkommen ist damit in Kraft getreten. Geschehen im Lorscher Kloster am 1. Juni im 30. Jahr des Königs Karl."
"Codex Laureshamensis" - Der Lorscher Codex
Vieles
von dem, was wir heute über das ehemalige Kloster Lorsch wissen,
verdanken wir einem einzigartigen Buch, dem "Codex Laureshamensis". Wie
im zwölften Jahrhundert in vielen Klöstern üblich, hat man auch in
Lorsch ein "Archiv" angelegt und in einem Buch all das
niedergeschrieben, was man zur Geschichte und zum Besitz des berühmten
Klosters bei der Hand hatte. Stolze 3836 Urkunden sind darin
aufgezeichnet. Das Chronicon berichtet über die große und bewegte
Geschichte der Reichsabtei. Etwa um 1175 wurde diese Klostergeschichte
niedergeschrieben. Kurz danach, so um 1190 wurde der größte Teil der
Urkundensammlung angelegt. Gar mächtig ist das Buch, fast einen halben
Meter hoch und über 30 Zentimeter breit, mit 235 Pergamentblättern, die
fein säuberlich handbeschrieben sind und oft farblich angesetzte
Initialen aufweisen. Starke Buchdeckel aus Holz, mit Schweinsleder
überzogen, schützen seit 1479, wie eine Notiz verrät, die kostbare
Handschrift. Vielleicht mit der Aufhebung des Klosters im Jahr 1556
gelangte der Codex nach Heidelberg, knapp 100 Jahre später nach Mainz
und von dort über Aschaffenburg nach Würzburg und schließlich nach
München. Heut ist das bayerische Staatsarchiv Würzburg Aufbewahrungsort
des Lorscher Codex. Dort liegt er hinter dicken Mauern der Festung
Marienberg, die hoch über dem Main thront.
Seine
herausragende Bedeutung erhält der Codex Lorsch nicht allein dadurch,
dass er uns die Geschichte des Klosters schriftlich bewahrte, sondern
vielmehr durch seine umfangreiche Überlieferung der Schenkungs- und
Besitzurkunden, die über tausend verschiedene Orte des deutschen
Sprachgebietes zwischen Nordsee und Alpen, meist zum erstenmal,
benennen. Es ist gleichsam so, als hätte man die "Geburtsurkunden" von
hunderten Städten und Gemeinden aus nah und fern in einem Buch
gesammelt.
Unbestritten ist der Codex Lorsch eines der
interessantesten historischen Forschungsprojekte. Im Sommer 2001 wird
der über 800 Jahre alte Lorscher Codex im Museumszentrum zu sehen sein.
Bei einem Symposium werden Fachwissenschaftler der Bedeutung und
Überlieferungsgeschichte des Codex nachgehen, und das Kuratorium wird
zusammen mit dem Verlag Degener eine Faksimile Edition vorstellen, die
dem Original entspricht.
In der CD-ROM Ausgabe werden neben
den hochwertigen farbigen Bildaufnahmen aller Pergamentseiten auch die
dreibändige Bearbeitung von Dr. Glöckner und die deutsche Übertragung
von Karl Minst zu finden sein. Erstmals kann der Anwender bei der
gleichen Urkundennummer zwischen der Originalabbildung, der
lateinischen Wiedergabe von Glöckner und der deutschen Übertragung von
Minst mit einem Mausklick wechseln. Die wesentliche Erweiterung stellt
aber die Möglichkeit einer Volltextsuche für die Glöckner- und
Minsttexte dar.